Es raunen die Gegner der LGBTI-Rechte auf einschlägigen Webseiten. Anlass ist die Entschließung des Europäischen Parlamentes „zu dem EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität“, eher bekannt als Lunacek-Bericht.
Ob Bildungsplan oder Lunacek-Bericht – gegenwärtig wird beim Thema Bürgerrechte für LGBTI* gegen Selbstverständlichkeiten wie Gleichheit vor dem Gesetz, Ahndung von Hassdelikten und Förderung von Respekt im Zusammenhang mit minderheitenfeindlichen Suaden der Untergang des Abendlandes beschworen. Während Lesben, Schwule und Transgender für sich nur den gleichen rechtlichen Schutz wie andere Minderheiten reklamieren, versucht man einen ideologischen Popanz von Sonderrechten und Privilegien aufzubauen. Dabei scheuen sie nicht vor Manipulationen zurück. Denn gegen einen Popanz lässt sich leichter für eine Ideologie der Ungleichheit Kampagne machen. Auch das christliche Nachrichtenportal idea.de präsentierte auf seiner Webseite einen Artikel unter dem Titel:
Kolportiert wird in dem Bericht, das EP fordere „Sonderrechte“ für LGBTI*. Kronzeugin für die sachwidrige These ist Gabriele Kuby. Dazu schrieb idea u.a.:
Publizistin: Abschaffung moralischer Normen zerstört Glaube und Gesellschaft
Scharfe Kritik an dem Lunacek-Bericht übte auch die Publizistin Gabriele Kuby (Rimsting/Oberbayern), die dem Kuratorium des Forums Deutscher Katholiken angehört. Nach ihrer Ansicht zerstört die Abschaffung moralischer Normen der Sexualität Familie, Gesellschaft und den Glauben an Gott: „Dies führt in einen neuen Totalitarismus.“
Im Blick auf die Forderung des Lunacek-Berichts, sogenannte „Hassdelikte“ gegen sexuelle Minderheiten strafrechtlich zu verfolgen, fragt Kuby: „Warum nicht auch ‚Hassdelikte‘ gegen Christen, Muslime und andere,nämlich alle?“ Laut Kuby geht es bei dem Thema „nur noch um Macht“. Deshalb sei „massenhafte Gegenwehr“ nötig. Sie beginne bereits, sich in zahlreichen Ländern Europas zu regen. So hätten Eltern in Frankreich angefangen, die Schulen einmal im Monat zu bestreiken, um gegen eine „Gender-Indoktrinierung“ zu protestieren.“
nachzulesen hier.
Der Skandal – laut Kuby ist also, dass Hassdelikte gegen sexuelle Minderheiten strafrechtlich verfolgt werden sollen, Hassdelikte gegen Christen und Muslime dagegen nicht. Verbrechen wie an Klaus Peter Beer, der wegen seiner Homosexualität 1995 von einem Täter aus dem Umfeld der NSU in Amberg ermordet wurde (WAMS 9.2.2014), sind aus ihrer christlichen Überzeugung offensichtlich kein Anlass dazu, den Schutz vor Homosexuellenfeindlichkeit analog zu dem vor Rassismus auszugestalten. Gegen den „ungeheueren Machtanspruch“ meint sie zur „massenhaften Gegenwehr“ aufrufen zu müssen. Und idea leiht diesem Ressentiments auch die Überschrift.
Tatsächlich gibt es für dieses Ressentiment keinen Anlass: Im Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden folgende Hassdelikte unter Strafe gestellt. Der Rahmenbeschluss definiert Hassdelikte folgendermaßen:
„die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen“
Dieser Rahmenbeschluss wurde vom deutschen Gesetzgeber in § 130 StGB umgesetzt:
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Bei twitter habe ich Idea hierauf hingewiesen:
Nun stellt sich die Frage: Warum wurde die entsprechende Aussage von Frau Kuby (nur) entfernt? Sie hat sie ja tatsächlich geäußert. Warum sollen die Leser von idea nicht erfahren, dass es den entsprechenden Schutz für Christen, Muslime und Juden tatsächlich schon gibt und es also eben nicht um Sonderrechte, sondern nur um gleichen Schutz geht?
Weil dann die Propaganda gegen die angeblichen Vorrechte für LGBTI* in sich zusammenfiele? Vielleicht sollte sich idea nicht nur die Kritik von Michael Diener, dem 1. Vorsitzenden der Evangelischen Allianz, an der „Sündenhierarchie“ mancher Evangelikalen zu Herzen nehmen, sondern auch darüber nachdenken, ob es nicht dem gesellschaftlichen Frieden dienen würde, wenn man dafür eintreten würde, dass jede und jeder vor Diskriminierung, Hetze und Gewalt aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität geschützt wird.
Warum sollte es nicht möglich sein, dass wir alle zusammen, Lesben, Schwule und Transgender gemeinsam mit Juden, Muslimen und Christen, einschließlich der Evangelikalen, gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, von Christenverfolgung bis zur Verfolgung von Lesben, Schwulen und Transgender, zu kämpfen?
I have a dream ….