Ponosni, demokratski, evropski: Für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Serbien

Bericht über die Reise von Volker Beck nach Belgrad vom 15. bis zum 18. September 2017

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Besuch der Pride

In den vergangenen Jahren hat Serbien auf dem Weg in die Europäische Union große Fortschritte gemacht. Dennoch gibt es bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten weiterhin große Probleme. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf den Schutz von Minderheiten (Roma, Menschen mit Behinderungen, Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge, Lesben, Schwule und Transgender…), die Funktionsweise staatlicher Institutionen, einschließlich der Gerichte, und die Pressefreiheit (vgl. hier und hier). Darauf ist im Rahmen von Kapitel 23 der Beitrittsverhandlungen zum Bereich Justiz und Grundrechte besonders achten, zumal dies in Hinblick auf andere Mitgliedstaaten in der Vergangenheit nicht immer zufriedenstellend erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund diente die Reise nach Belgrad einerseits dem Erkenntnisgewinn zur Situation von Minderheiten in Serbien, andererseits der Unterstützung ihrer Anliegen durch die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen.

Schwerpunkt des ersten Reisetages war die Flüchtlingspolitik. In Begleitung der Botschaft fand zunächst ein Gespräch mit dem Leiter des serbischen Flüchtlingskommissariats, Herrn Vladimir Cucić, statt. Das serbische Flüchtlingskommissariat ist – ähnlich wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – mit einer Vielzahl von Aufgaben im Bereich von Flucht und Migration betraut und unter anderem für die Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen zuständig. Diese Aufgabe ist relativ neu, da Serbien infolge der Jugoslawienkriege bislang in erster Linie mit der Aufnahme und Versorgung von Binnenflüchtlingen befasst war. Dementsprechend sind die Antragszahlen – trotz der Durchquerung von Serbien durch eine große Anzahl an Menschen – vergleichsweise gering. Herr Cucić legte in seinen Ausführungen großen Wert darauf, dass Serbien seine „Aufgaben“ gemacht und – wie von der Europäischen Union erwartet – die Anzahl der Menschen, die durch Serbien die Europäische Union erreichen, reduziert habe. Die Diskrepanz zwischen den (geringen) Asylantragzahlen und den (noch deutlich geringeren) Verfahrensabschlüssen vermochte er jedoch nicht nachvollziehbar zu erklären.

Runder Tisch zu Flüchtlingspolitik.

Runder Tisch zur Flüchtlingspolitik

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FAQ für alle Heiratswilligen

Heute wurde die Aufhebung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare beschlossen. Hier ein paar erste Fragen und Antworten dazu.

Ab wann können lesbische und schwule Paare heiraten?

Es dauert noch ein bisschen. Das Gesetz tritt drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft. Vor der Verkündung passiert noch Folgendes: Das heute beschlossene Gesetz wird am 7. Juli im Bundesrat beraten. Es gilt aber als sicher, dass er nicht den Vermittlungsausschuss anruft oder einen Einspruch einlegt. Danach muss das Gesetz vom Bundespräsidenten unterschrieben werden. Erst im Anschluss kann es im Bundesgesetzesblatt verkündet werden. Im Ergebnis rechnen wir damit, dass die ersten lesbischen bzw. schwulen Hochzeiten ab Oktober/November stattfinden können.

Können weiterhin Lebenspartnerschaften abgeschlossen werden?

Nein. Ab in Krafttreten des Gesetzes können Lebenspartnerschaften nicht mehr begründet werden. Bis dahin allerdings schon.

Was passiert mit den bestehenden Lebenspartnerschaften?

Eingetragene Lebenspartnerschaften können weiter bestehen bleiben – außer die Partner*innen möchten sie in eine Ehe umwandeln.

Kann ich heiraten, wenn ich schon verpartnert bin?

Die Lebenspartner*innen – wenn sie wollen – können ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln. Dafür müssen sie – wie bei einer Eheschließung – vor dem Standesbeamten gemeinsam persönlich erklären, dass sie miteinander eine Ehe führen wollen.

Was ist die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe?

Mit der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe werden bisherige Lebenspartner*innen zu Ehegatten. Es besteht aber kein Zwang zur Umwandlung und es wird auch nicht „automatisch“ umgewandelt. Für die Umwandlung müssen die bisherigen Lebenspartner*innen – wie bei einer Eheschließung – vor dem Standesbeamten gemeinsam persönlich erklären, dass sie miteinander eine Ehe führen wollen.

Hat die Umwandlung rückwirkende Folgen?

Nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe haben die Lebenspartner*innen die gleichen Rechte und Pflichten, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Damit soll die bestehende wie vergangene Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartner*innen mit Ehegatten rückwirkend beseitigt werden. Dies bedeutet, dass vor allem bestimmte sozial- und steuerrechtliche Angelegenheiten, die noch nicht abschließend entschieden wurden, neu getroffen werden können.

Dürfen Ausländer*innen eine gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland schließen?

Ja. Zudem kommt, dass diejenigen, die aus einem Land kommen, wo es keine gleichgeschlechtliche Ehe gibt, anders als verschiedengeschlechtliche Paare, keine Ehefähigkeitszeugnis vorlegen müssen. Sie müssen jedoch durch öffentliche Urkunden nachweisen können, dass sie ledig sind.

Was passiert mit den im Ausland geschlossenen Ehen?

Sie werden nicht mehr als Lebenspartnerschaften sondern als Ehe im Eheregister verzeichnet werden.

Der Rechtsstaatsliberalismus braucht eine politische Heimat

„Die Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat“, sagt das Bundesverfassungsgericht. Auch angesichts von terroristischen Bedrohungen darf dies nicht aus den Augen verloren werden. Wir sind die Partei der Freiheit. Wir haben das Potenzial, Partei der Bürgerrechte und des rechtsstaatlichen Liberalismus zu sein. Die Frage ist, wollen wir dieses Potenzial heben? Wir können auf unserem Parteitag klar machen, wir verteidigen die Freiheit und den demokratischen Rechtsstaat gegen diejenigen, die sie für vermeintliche Sicherheitsgewinne opfern, und Flüchtlingsschutz ist für uns kein Gnadenakt gutmenschlicher Großherzigkeit, sondern eine menschenrechtliche Verpflichtung.

Wer Rechtsstaatsliberalismus verkörpern will, muss dem innenpolitischen Populismus nicht nur widerstehen, er muss sich ihm entgegenstellen. Wir Grünen müssen klar machen, wo wir den Unterschied zu Union und SPD machen: Weiterlesen

Köln, Peter und die Folgen: Schleichende Entliberalisierung

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Text ist ein Beitrag von Dr. Sergey Lagodinsky. Er ist zuerst auf CARTA erschienen.  Die Seite ist gegenwärtig wegen eines vermutlichen Angriffs nicht zugänglich. Zum Teilen finden Sie den den Text auch hier auf der Facebook-Seite von CARTA.

 

Werden wir von unseren Ängsten bald dermaßen gesteuert, dass unsere demokratischen Instinkte versagen? Wenn wir so weitermachen, brauchen wir keine Putinschen Interventionen, um unsere liberale Demokratie zu Grabe zu tragen.

Wenn wir so weitermachen, brauchen wir keine Putinschen Interventionen, um unsere liberale Demokratie endgültig zu Grabe zu tragen. Die Diskussion der letzten Tage zeigt, wie schnell eine scheinbar demokratisch-gefestigte Gesellschaft ihre rechtsstaatlichen Fundamente in Frage stellt, sobald schwer beherrschbare Sicherheitsrisiken auftauchen.

Ob die Polizei in Köln richtig oder falsch gehandelt hat, ist weiterhin offen. Allerdings zeigt schon die Diskussion darüber, was hinterfragt werden darf, einen hohen Grad an Verunsicherung einer Gesellschaft, die sich selbst allzu oft auf die Schulter klopft, aus ihrer Vergangenheit gelernt zu haben.

Deshalb sollten wir im Nachgang zur ausgebrochenen Aufregung darüber besonnen aber schonungslos diskutieren, was in der Diskussion schief gelaufen ist. Denn die Diskussion um Köln, Simone Peter und die Rolle der Polizei zeigte deutlich: Was unser demokratisches Selbstverständnis angeht, so steht einiges auf dem Spiel. Weiterlesen

„Sichere Herkunftsstaaten“ abschaffen – menschenrechtsfeindliche Asylpolitik beenden!

Die Antworten der Bundesregierung auf zwölf Kleine Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bestätigen: Die Menschenrechtslage in den „sicheren Herkunftsstaaten“ ist nach wie vor mangelhaft bis desaströs. Von diesem menschenrechtsfeindlichen Instrument sollte die Bundesrepublik nicht weiter Gebrauch machen.

„Sichere Herkunftsstaaten“ zu bestimmen, um Asylverfahren zu beschleunigen und Abschreckungssignale in die Herkunftsstaaten zu senden, ist flüchtlingspolitisch verkehrt und menschenrechtlich höchst bedenklich. Deshalb lehnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dieses Instrument ab. Das Grundrecht auf Asyl steht jedem einzelnen Verfolgten zu. Flüchtlinge im Verfahren je nach Herkunftsstaat unterschiedlich zu behandeln, ist mit dem individuellen Charakter dieses Grundrechts nicht in Einklang zu bringen und läuft dem Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 der Genfer Flüchtlingskonvention zuwider. Das Instrument der sicheren Herkunftsstaaten beschränkt seit seiner Erfindung die Verfahrensrechte von Schutzsuchenden: Im Falle der Ablehnung ihres Asylantrags ist die Klagefrist verkürzt, die Aussichten auf Prozesskostenhilfe geringer, die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine drohende Abschiebung unwahrscheinlicher. Weiterlesen

Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Migration: Eine Herausforderung für Deutschland

EMIL FACKENHEIM LECTURE 2016
des ABRAHAM GEIGER KOLLEGS mit der SYNAGOGEN-GEMEINDE KÖLN

Migration ist Wandel. Wandel für die Menschen, die in neue Länder aufbrechen oder gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen. Wandel für die Menschen und Gesellschaften, die diese Menschen empfangen, mit ihnen leben und das Zusammenleben neu gestalten müssen. Von diesen Veränderungen lebt eine Gesellschaft, nur durch Veränderung kann sie sich fortentwickeln, wirtschaftlich und auch kulturell. Doch mit Veränderung – und das ist nur allzu menschlich – gehen auch Zweifel und Befürchtungen einher, weil die Zukunft, das Neue, ungewiss erscheint. Zwar wohnt jedem Anfang ein Zauber inne, jede Ungewissheit birgt Chancen, frische Ideen zu schöpfen, neue Perspektiven aufzutun und den eigenen Horizont zu erweitern. Doch ergibt es sich nicht immer von selbst, diesem Zauber, dieser Ungewissheit das Gute, das Hoffnungsvolle abzugewinnen. Weiterlesen

…dann soll man halt das ganze Interview lesen.

Im Internet wird die Behauptung kolportiert: „Beck: Deutsche sollen Arabisch lernen“.kronen

Das ist Unsinn. Traurig, dass beim Run auf Klickzahlen und Sensationen solche Verdrehungen auch von seriösen Nachrichtenseiten verbreitet werden. Zunächst hier, was gefragt und von mir geantwortet wurde [Das ganze Interview finden Sie hier als Video] Weiterlesen

Wider die konservative Ideologie: Grüne Initiativen zum Staatsangehörigkeitsrecht

Kaum eine Debatte führen die Konservativen so ideologisch und faktenfrei wie die Debatte um die doppelte Staatsangehörigkeit. Das hat die CDU auf ihrem Parteitag am 6. Dezember 2016 wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Bundesregierung hat dem Parteitagsbeschluss zur Ausweitung des Optionszwangs auf Anfrage meiner Fraktion nun eine klare Absage erteilt. Das begrüßen wir Grünen sehr.

Es schadet niemandem, wenn jemand mehrere Staatsangehörigkeiten hat. In einer Welt, in der familiäre, berufliche und persönliche Zusammenhänge zunehmend grenzübergreifend gestaltet werden, ist die mehrfache Staatsangehörigkeit zu einer sozialen Realität geworden. Wenn er nicht zu drastischen Maßnahmen greift und Kindern deutscher Eltern, die im Ausland geboren werden, oder Kindern aus binationalen Partnerschaften die deutsche Staatsangehörigkeit gänzlich verwehrt, ist es dem nationalen Gesetzgeber auch kaum möglich, die mehrfache Staatsangehörigkeit gänzlich zu verhindern. Weiterlesen

Pflegeberuf aufwerten

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Zeitpunkt erhitzt ein unautorisiertes und falsches Zitat die Gemüter – aus meiner Sicht vollkommen zu Recht. Auf der Website von Maischberger wurde mir folgendes Zitat unabgestimmt in den Mund gelegt: „Auch denen müssen wir eine Chance geben und sie fit machen: Deutschunterricht, Schulabschluss und Vermittlung in Ausbildung. Wir brauchen zum Beispiel viele Leute in der Pflege, da braucht man keine hohe Schulbildung.

Da ich in den 80er-Jahren selbst für sechs Jahre in der Altenpflege gearbeitet habe, ist das nicht meine Haltung. Deshalb hatte ich bereits am Mittwoch, 1. Juni, dem Sendetag von Maischberger und dem Tag der Veröffentlichung, das Zitat richtigstellen lassen. Hier finden Sie die korrekte Version. In der Sendung selbst, sagte ich folgendes ab Minute 52:36:

„Wo es alternativlos wird, ist im Bereich der Pflege. Weil ansonsten – das haben wir ja schon – dass Pflegebedürftige in andere Länder migrieren weil sie da auf die Situation treffen, dass Pflegekräfte ausreichend vorhanden sind. Das halte ich allerdings für keine Alternative, die ich bejahen möchte.“ […] „Aber Sie können auch Menschen, denen sie erstmal mit Integrationskursen die Ausbildungsfähigkeit in deutscher Sprache ermöglichen, dann eine Ausbildung in diesem Bereich anbieten.“

Wir Grünen wollen den Pflegeberuf aufwerten. Unser Konzept dazu finden Sie hier. Die Missverständnisse bedauere ich. Dass das verbreitete falsche Zitat nicht meine Meinung darstellt, habe ich damit hoffentlich dargelegt.

Ihr Volker Beck

Sicherheit aus Sicht des BMI – Zur menschenrechtlichen Lage in den Maghreb-Staaten

Die Bundesregierung will Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmen, da die Menschenrechtslage dort unbedenklich ist. Was sie darunter versteht, hat sie in die Begründung des Gesetzentwurfs geschrieben, den sie am 3. Februar beschlossen hat (Hervorhebungen von mir).

Zu Algerien

„Die Todesstrafe wird verhängt… Missionierungen sind verboten, die (versuchte) Konvertierung eines Muslims ist unter Strafe gestellt…

Trotz verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots bewirkt das von islamischen Grundsätzen geprägte Familien- und Erbrecht eine rechtliche und faktische Diskriminierung von Frauen. … bei den Themen Gewalt gegen Kinder, Versorgung der Kinder einschließlich Recht auf Bildung und Gesundheit und sonstigen rechtlicher Schutz [sind] weiterhin Defizite zu konstatieren. Weiterlesen