Schnodderschnauze Wiefelspütz hat es ausgeplaudert: Die große Koalition ist sich einig über Internetsperren zu vielfältigen Zwecken. Der Zweck, den Zugang zu Kinderpornographie im Internet zu erschweren, ist nur der Anfang und Vorwand, um den Widerstand gegen die Einführung der Sperrtechnologie zu brechen.
Die Musikindustrie fordert schon lange die Internet-Sperre zum Schutz gegen Tauschbörsen. Und aus dem Bundeskabinett gibt es vielfältige Begehrlichkeiten von Schavan bis Zypries: Der Wunschzettel für Sperren reicht von Verboten von Gewaltspielen und -videos bis zum Schutz des Urheberrechtes.

Bild: flickr.com (kirk lau / creative commons)
Die Kritiker von Frau von der Leyen haben es schon immer gesagt. Die innenpolitische Plaudertasche der SPD, Dieter Wiefelspütz, hat sich nun verplappert und gesagt, wo die Reise hingeht. Er kann sich vorstellen, auch Seiten mit verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten zu blocken, sagte der SPD-Kollege. Wohlgemerkt, er will nicht gegen die Inhalte und Betreiber vorgehen. Er will uns aber den Zugang zu Informationen über die Feinde der Demokratie sperren. Deutsche sollen sich nicht mehr über die Umtriebe von Hamas oder Hisbollah aus erster Hand informieren können.
Das sieht die Union nicht prinzipiell anders. Aber Wolfgang Bosbach ist geschickter und verquasselt sich nicht. Er hält „es für richtig, sich erstmal nur mit dem Thema Kinderpornografie zu befassen, damit die öffentliche Debatte nicht in eine Schieflage gerät”. Selbstentlarvend genug: erstmal! Er weiß: Beim Thema Kinderpornographie will jeder frei von dem Verdacht sein, er könnte ihrer wirksamen Bekämpfung irgendwie im Wege stehen; deshalb lässt sich unter diesem Vorwand die Sperrtechnologie am leichtesten aufbauen. Ist sie einmal da, muss man nur noch ihren Anwendungsbereich erweitern.
Wir Grünen wollen eine freie Internetkultur. Diese wird aber immer öfter bedroht. Den Vorschlägen zur Einführung von Internetsperrlisten und den Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur erteilen wir eine klare Absage, da sie rechtsstaatlich und technisch unverantwortlich sind.
Es ist wahr: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Deshalb muss die Verfolgung von Straftaten im Internet intensiviert werden. Dazu bedarf es vor allem einer besseren technischen Ausstattung der Behörden und einer personellen Aufstockung von Fachkräften. Wir wollen Ermittler, für die das Internet kein Fremdwort ist, sondern die schnell und wirksam Taten verfolgen. Bei Straftaten wie der Verbreitung von Kinderpornografie oder nationalsozialistischer Propaganda im Netz streiten wir für eine schärfere Verfolgung der Täter – vor allem durch eine bessere internationale Kooperation zwischen den Staaten beispielsweise durch vergleichbare Rechtsvorschriften oder gleiche Standards. Inhalte wie Kinderpornografie müssen aus dem Netz gelöscht werden, sobald sie bekannt sind, den Zugang zu ihnen zu erschweren nützt nichts.
In Brüssel und Berlin werden in den nächsten Jahren wichtige Weichen für die weitere Entwicklung des Netzes gelegt. Union und SPD hat mit Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung und nun den Internetsperren die Freiheit des Netzes und seiner User immer wieder angegriffen.
Wer die Freiheit im Netz verteidigen will, muss diese beiden Parteien abwählen. Aber auch in der Opposition ist nicht alles Gold, was glänzt. Die FDP, die im Bund in der Opposition ähnliche Positionen wie die Grünen vertritt, hat mit ihrem NRW-Innenminister Wolf und seinem verfassungswidrigen Gesetz das Copyright für die Online-Durchsuchung inne. Und der PDL wurde der Kampf für Freiheitsrechte auch nicht gerade an der Wiege gesungen. Das zeigte sich auch wieder, als ihr Bundestagsabgeordneter Lutz Heilmann wegen einem unliebsamen Artikel kurzerhand die deutsche Domain von wikipedia sperren ließ.
Wer die Freiheit des Internet verteidigen will, hat eigentlich am 7.6. und am 27.9. nur eine Wahl: Grün!
Pingback: Lauter grüne Luftballons (ergänzt: nun der zweite) | Amyklai
Vielen Dank für die beiden unterm Strich sehr gelungen Artikel zu netzpolitischen Themen. Zumindest werden die Mitglieder die Online-Gemeinde tatsächlich auch einmal als Wähler überhaupt wahrgenommen, und das ist nach Lage der Dinge (leider) schon eine ganze Menge.
Lieber Volker,
ich werde am 07.06. grün wählen, aber bitte höre auf, das Internet als einen „Raum“ zu bezeichnen.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Riemer
Liebe Grüne,
ihr seid eigentlich super. Programm klasse, Leute cool und überhaupt alles sympathisch. das gilt zumindest wenn ihr Opposition macht (und das macht ihr auch echt gut). Aber:
Wenn die Grünen in der Regierung sind (siehe Rot-Grün) dann wirds a bissl eklig: Ihr habt Hartz4 mitverursacht (oder zumindest nix dagegen getan. Auch die Agenda 2010 ist was, was ich euch bis heute übel nehme. Bitte Bitte wenn ihr das nächste mal regiert: Lasst euch nicht mehr so übern tisch ziehen (von der SPD bzw. der FDP). Das es mit Schröder das erste mal für euch auf der Regierungsbank war verzeihe ich nochmal. Kämpft für eure gute Politik und lasst euch nicht mehr soo verbiegen. Kompromisse müssen sein, alles andere wäre realitätsfremd aber kein Kompromiss darf zu Hartz4 führen (nur als Beispiel für alle Untaten von Rot-Grün).
Und: Schaut euch Schröder mal an – Putinkuschler und Gazprommarionette. Schleimer Lobbyist. Und so was war mal Kanzler, pfui.
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Ups, sorry
Vorheriger Kommentar ist unter dem falschen Thema gelandet. Egal. passt trozdem.
Zu WPütz:
http://schrozberg.blogspot.com/2009/05/d-wiefelspuetz-ist-ein-ausshaengeschild.html
Unglaublich der Mann, Tralafitti! Wer als MdB seinen Job lieber OHNE Wähler und ohne Volk machen würde hat eigentlich jede Legitimation eben dieses Volkes nicht verdient.
Lieber Volker, wenns im September Rot-Grün oder eine Ampel gibt: Schickt Dieter bitte in Rente oder zensiert ihn!
Inzwischen sagt Wiefelspütz, er habe das alles gar nicht gesagt.
Wiefelspütz‘ Distanzierung ist nicht glaubwürdig: Was meint er eigentlich?
Die Distanzierung von Herrn Wiefelspütz von seinen Aussagen aus der gestrigen Berliner Zeitung überzeugt nicht.
Wenn er laut Agenturmeldungen sagt:
„Gegen verfassungsfeindliche oder extremistische Äußerungen könne man nur vorgehen, wenn Strafgesetze verletzt würden. «Aber extremistische Äußerungen an sich aus dem Internet zu nehmen, wäre Zensur.» Und eine solche Zensur wäre verfassungswidrig, betonte Wiefelspütz. «Wir wollen keine chinesischen Zustände.“,
zeigt er, dass er zwischen Herausnahme strafbarer Inhalte und der Sperre solcher Inhalte auch jenseits der Kinderpornographie nicht unterscheidet.
Selbstverständlich enthalten verschiedene Seiten im Ausland strafbare Inhalte, z.B. die Seiten terroristischer Organisationen wie Hamas oder Hisbollah. Soll deren Inhalt künftig für alle oder nur für die Sicherheitsdienste in Deutschland zugänglich bleiben?
Entweder kennt er sich nicht genügend aus oder er wurde von der Berliner Zeitung doch grundsätzlich richtig verstanden.
Bei der Freiheit des Internet ist Union und SPD nicht wirklich zu trauen.
Lieber Volker,
ist Dir eigentlich klar, dass sowohl Deine webseite als auch Dein Blog als jugendgefährdend eingestuft sind und vom ‚Jugendschutzprogramm‘ des JusBlog (einem Verein aus Hamburg, hinter dem führende Erotikanbieter stecken) wie folgt eingestuft werden:
JusProg Filter
Die Seite volkerbeck.de ist bereits in unserem Filter enthalten und wird als ‚Standard gesperrt‘ eingestuft.
JusProg Filter
Die Seite beckstage.volkerbeck.de ist bereits in unserem Filter enthalten und wird als ‚Standard gesperrt‘ eingestuft.
Selber prüfen und andere Dir bekannte Seiten testen hier:
http://www.jugendschutzprogramm.de/ (unter Seite prüfen)
Übrigens: Die staatliche Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (=wird getragen von den Landesmedienanstalten) muss ein Jugendschutzprogramm anerkennen. Als zur Zeit einziges Program wird das von JusProg in einem Modellversuch durch die KJM erprobt. Ein Programm das politiche Inhalte im Netz zensiert wird also offiziell erprobt.
Ich bin Ratsherr meiner Gemeinde, kandidiere wieder und führe Wahlkampf auch über meinen Blog: http://wegberg.blog.de/ und obwohl das Wahlalter 16 Jahre beträgt und mein Blog natürlich nicht jugendgefährdend ist, wird auch dieser von JusProg gesperrt
Hier maßt sich ein privater Verein mit zweifelhaftem Hintergrund an, Zensur zu üben, die Meinungfreiheit willkürlich einzuschränken
und die Kommunalwahl in NRW zu behindern. Die Einstufung meines Blogs als jugendgefährdend empfinde ich als Rufschädigend und beleidigend. Ich werde rechtlich und politisch gegen den Verein vorgehen .. Volker, machst Du mit?
Mehr infos per mail und in meinem Blog
Gruss Markus
Hallo Markus,
wir haben heute den Verein JusProg / Jugendschutzprogramm.de
Inter Content KG mit der Bitte um Stellungnahme und Entsperrung von Volker Becks Seiten angeschrieben.
Gruß zurück
Christian
Sehr geehrter Herr Beck,
Ihre Beiträge zum Thema Internetsperren lesen sich ja recht gut.
Gerne wüsste ich von Ihnen, wie sie denn in der Abstimmung über das Gesetz gestimmt haben?
Anders gesagt: http://www.hatmeinabgeordneterfuernetzsperrengestimmt.de/
meint, sie hätten gar nicht an der Abstimmung teilgenommen.
So wichtig scheint ein rechtsstaatlich unverantwortliches Gesetz doch nicht zu sein.
Ich erwarte nicht, dass sie mir hier Ihren Terminkalender erläutern. Ich möchte lediglich mitteilen, dass ein treuer Volker-Beck-Erststimmen-Wähler irritiert ist. Genau wie ein seit-23-jahren-Grünwähler sich fragt, wieso 15 Grüne Abgeordnete sich bei dieser Abstimmung enthalten.
Habens sie alle Angst, getausst zu werden?
Schade.
Mit freundlichen Grüßen aus Sülz
Manfried Meyer-Stumpf
Sehr geehrter Herr Meyer-Stumpf,
Herr Beck kann bereits seit einigen Wochen aus persönlichen Gründen
(beim Bundestagspräsidenten entsprechend entschuldigt) nicht in Berlin sein
und war deshalb nicht nur am Tag der Abstimmung über das Gesetz der
Internetsperre nicht in der Lage, sich an den Abstimmungen im Plenum
zu beteiligen. Auch im Leben eines Abgeordneten kann es Dinge geben,
die wichtiger als die Teilnahme an einer Abstimmung sind.
Selbstverständlich hat Herr Beck einen klaren Standpunkt zur Internetsperre. Wäre er also in Berlin gewesen, hätte er das Vorhaben der Bundesregierung mit einem klaren „Nein“ abgelehnt. Dies ergibt sich übrigens zwingend aus seiner Position, die sie im von ihm
mitgezeichneten Entschliessungsantrag der Fraktion wiederfinden:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/default/dokbin/290/290100.ea_kinderpornographie.pdf
Entsprechende Tweets gibt auch unter: http://twitter.com/Volker_Beck
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Beck,
ich habe ihren Twitteraccount mit grossem Interesse verfolgt. Leider gab es seit geraumer Zeit keine Beitraege mehr von ihnen. Bitte halten sie uns weiter ueber Ihre Meinung auf dem Laufenden. Aber vielleicht twittern sie nur nicht weil sie Urlaub haben. dann wuensche ich ihnen Schoene Ferien!
Sehr geehrte Damen und Herren, hallo zusammen,
schade dass sich hier die „Grünen“ als Gegner der Internetsperren darstellen. Dabei hat sich fast die Hälfte der Abgeordneten bei der Abstimmung im Bundestag der Stimme enthalten.
Wie können Sie bei so einem Abstimmungsverhalten so einen Passus in diesem Artikel schreiben:
Zitat:
Wir Grünen wollen eine freie Internetkultur. Diese wird aber immer öfter bedroht. Den Vorschlägen zur Einführung von Internetsperrlisten und den Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur erteilen wir eine klare Absage, da sie rechtsstaatlich und technisch unverantwortlich sind.
Zitat Ende
Vielen Dank
Christian
Lieber Christian,
zweifelsfrei gehören die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie zu den widerwärtigsten Straftaten. Mitte Juni ´09 beschloss der Deutsche Bundestag, dass kinderpornografische Angebote im Internet in Zukunft mit sogenannten Zugangserschwerungen versehen werden sollen. Dieses eigentümliche Mittel ist für den Kinderschutz fast wirkungslos, gleichzeitig greift es aber ohne rechtsstaatliches Verfahren in Freiheitsrechte ein. Deshalb hat Grün diesem Gesetz nicht zugestimmt. Unsere Position haben wir in einem Entschließungsantrag dargestellt, aus dem deutlich wird: Kinderpornografie muss mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Maßnahmen bekämpft werden. Ein Instrument wie die Internetsperre hilft hier jedoch nicht weiter, da es nicht dazu führt, dass kinderpornografische Inhalte aus dem Netz gelöscht werden. Den jetzt beginnenden Aufbau einer umfassenden Sperrtechnologie lehnen wir ab.
Den Entschließungsantrag: Bekämpfung der Kinderpornografie findest du hier:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/initiativen/dok/290/290625.entschliessungsantrag_bekaempfung_der_ki.html
Viele Grüne MdBs haben zu ihrem Abstimmungsverhalten auf ihren Homepages Stellung genommen. Klick doch mal rein.
Beste Grüße
Christian
Hallo Christian,
vielen Dank für deine Antwort auf mein Kommentar.
Leider hast du mich falsch verstanden, so dass ich mich gerne nochmals äußern möchte. Das diese Sperre Unsinn ist, ist auch mir klar. Mir ist jedoch nicht klar, wieso so viele Grüne sich der Stimme enthalten haben und nicht „NEIN“ gestimmt haben?
Nochmal:
In dem Artikel schreibt Herr Beck, Zitat
„…Den Vorschlägen zur Einführung von Internetsperrlisten und den Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur erteilen wir eine klare Absage…“ Zitat Ende
Bei so einer Aussage, erwarte ich auch, dass ein Großteil der Abgeordneten für NEIN stimmt. Eine Enthaltung der Stimme ist bei so einem Thema einfach nur schwach.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Christian
Hallo Christian,
ich habe Sie schon richtig verstanden und schrieb deshalb:
„Viele Grüne MdBs haben zu ihrem Abstimmungsverhalten auf ihren Homepages Stellung genommen. Klick doch mal rein.“
Schon gemacht?
Christian
Hallo nochmals,
ja, in vielen Fällen bin ich auf abgeordnetenwatch.de fündig geworden. Dort wurden bereits ähnliche Fragen gestellt.
Eine Enthaltung bei so einem Thema finde ich dennoch sehr sehr schwach. Gerade im Hinblick auf das rege Interesse der entsprechenden ePedition. (nicht falsch verstehen . Meinungsvielfalt möchte ich damit keineswegs kritisieren)
vielen Dank!
Die Grünen haben NICHT geschlossen gegen die Internetsperren gestimmt.