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Wer lügt, der fliegt.

Unter der Überschrift „Zuwanderung: Keine Belege für Einfall ins Sozialsystem“ berichtet heute die Frankfurter Rundschau über die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion, die Sie hier zum Download finden. Die Bundesregierung muss nun einräumen, dass es keine empirischen Hinweise auf die Relevanz eines Problems des Sozialmißbrauch oder von angeblicher „Armutszuwanderung“ gibt. Für das gesamte Jahr 2012 gibt es in der polizeilichen Kriminalstatistik insgesamt 112 Fälle von Tatverdächtigen aus Rumänien (74) und Bulgarien (38), denen Sozialleistungsbetrug vorgeworfen wurde. Selten war die Kluft zwischen Stammtischparolen und Fakten größer. Wer so wider der Empirie Stimmung macht, schadet dem gesellschaftlichen Frieden und dem Ziel eines modernen und offenen Europas, für das auch Unions-Politiker einst kämpften. Die Kampagne der Union wirkt abschreckend auf Fachkräfte aus dem Ausland und schadet so auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland.

Interessant ist die Antwort auf Frage 2.:

2. Wie viele Fälle von „Sozialbetrug“ wurden bislang in Bezug auf diese Personengruppe festgestellt und welche Rückmeldungen aus den Kommunen gibt es seit Jahresbeginn hinsichtlich der Zuwanderung von rumänischen und bulgarischen Bürgerinnen und Bürgern?

Antwort der Bundesregierung:

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat mitgeteilt, dass sie im Jahr 2013 insgesamt im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch 55.431 Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaft oder die Behörden der Zollverwaltung abgegeben hat. Über die Zahl der von den zugelassenen Trägern abgegebenen Verdachtsfälle liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Im gleichen Zeitraum hat die BA im Bereich der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch 32.929 Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaft oder die Behörden der Zollverwaltung abgegeben. […] Für das Jahr 2012 sind in der PKS zum Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungen und Sozialversicherungsträgern (Schlüsselnummer 517700) neun bulgarische und 14 rumänische Tatverdächtige sowie zum (sonstigen) Sozialleistungsbetrug (soweit nicht unter Schlüssel 5177 zu erfassen; Schlüsselnummer 517800) 29 bulgarische und 60 rumänische Tatverdächtige erfasst. Die Daten der PKS für das Jahr 2013 werden am 4. Juni 2014 bekannt gegeben. […]

Die CSU hat offenbar Angst vor der AfD und läuft ihr deshalb hinterher. Scheuer fordert nun offenbar Lucke heraus, wer im Europawahlkampf den faktenfreisten Rechtspopulismus präsentiert. Anders erklärt sich nicht, warum die CSU dieses Thema zum Wahlkampfthema machen möchte. So wird die AfD stark gemacht und sie könnte bundesweit vor der CSU liegen. Trotz ressortübergreifendem Suchen enthält auch der Staatssekretärsbericht der Bundesregierung keine empirischen Hinweise auf die Relevanz eines Problems des Sozialmißbrauch oder von angeblicher „Armutszuwanderung“.  Auf Anfrage konnte die CSU-Landesregierung in Bayern nur 12 Fälle von Sozialmissbrauch von Rumänen und keinen Fall von Bulgaren belegen.

Die Behauptung, es gebe den Osterhasen wirklich, wäre seriöser.

 

Der 16. Landesverband der Union

Der 16. Landesverband der Union, die CSU, scheut sich in seinem politischen Abstiegkampf auch nicht vor der Bedienung rassistischer Vorurteile. Wahrscheinlich wird es ihm nichts mehr nützen. Die CSU wird trotzdem auf das Normalmaß eines CDU-Landesverbandes zurechtgeschrumpft. Das ist für einige schwer zu verkraften, und Ramsauer brüllt besonders laut, weil sein Stuhl gerade wackelt. Auf der Strecke bleibt die demokratische Kultur.

Die CSU will neben der Staatsangehörigkeit nun auch die Herkunft von Tatverdächtigen in der Kriminalstatistik erfassen. Ramsauers Begründung ist haarsträubend: Das Sinken der Ausländerkriminalität sei darauf zurückzuführen, dass Ausländer -aber eben nur- „formal Deutsche geworden sind“. Aber der Ausländer steckt ihnen seiner Ansicht nach wohl immer noch irgendwie in den Knochen oder besser im Blut. Das ist wirklich völkische Denke und der Versuch einer Ethnisierung sozialer Probleme.

Herr Ramsauer sollte seine Worte überdenken und sich dafür bei allen Neustaatsbürgern entschuldigen! Allerdings: Eines ist sicher richtig, bestimmte Delikte haben einen 100%-igen Ausländeranteil: Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz! Man kann sie als Deutscher einfach nicht begehen.

In der Sache verstoßen die CSU-Vorschläge gegen europäische und internationale Rechtsnormen, die eine Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft ausdrücklich verbieten. Und auch das Grundgesetz formuliert unmissverständlich: „Niemand darf wegen …, seiner Abstammung, seiner Rasse…, seiner Heimat und Herkunft … benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Und wie hat der CSU-Landesgruppenchef sich das eigentlich praktisch vorgestellt? Stünde bei mir dann „Tscheche“, weil mein Vater aus dem Sudetenland stammt, oder „Österreicher“, weil mein Großvater in der K.u.K.-Armee Offizier war?

Richtig ist: Eine vernünftige Integrationspolitik weiß um die Bedeutung von Bildungspolitik, Chancengleichheit und sozialen Verbesserungen für die Senkung der Kriminalitätsrate. Aber sie verkürzt Probleme der Kriminalität nicht auf Kriterien wie Rasse und ethnische Herkunft.