Schlagwort-Archiv: Freiheit

Appell an CSU: verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft beenden!

20 Jahre nach der Aktion Standesamt, die auch ein 20 jähriges Ringen um Recht und Respekt für gleichgeschlechtliche Paare markieren, habe ich in einem Brief Horst Seehofer, Stefan Müller und Gerda Hasselfeldt die Hand gereicht und angeboten, die verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft endlich gemeinsam zu beseitigen! Das Jahressteuergesetz 2013 ist eine gute Gelegenheit um einen verfassungskonformen Zustand im Steuerrecht herzustellen. Für eine Partei, die auf dem Fundament des Grundgesetzes steht, ist es eigentlich nicht denkbar, dass sie aus wahlpolitischen Erwägungen vorsätzlich einen verfassungswidrigen Zustand aufrecht erhält.

Berlin, 16. August 2012

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen meine Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass führende Vertreterinnen und Vertreter der CSU den Anschein erwecken, sie würden das Bundesverfassungsgericht gering schätzen oder gar ignorieren. Als Demokrat und Verfechter des Rechtsstaates irritiert mich dies und ich bitte Sie um Aufklärung.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Ungleichbehandlung lesbischer und schwuler Paare gegenüber Ehen wiederholt als Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes beanstandet. Just zum elften Jubiläum des Inkrafttretens des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1. August düpierte das Gericht zum dritten Mal und schon nach einer Woche zum vierten Mal die von Ihnen getragene Regierung, in dem es Sie bei der Gleichstellung von Homosexuellen zum Einlenken zwingt. Nun läuft in der Koalition eine kontroverse Diskussion über den gesetzgeberischen Umgang der drei Parteien mit den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Weiterlesen

Bundestag: Free Pussy Riot!

Wie man auch bei SPIEGEL ONLINE lesen kann, ist es uns – gemeinsam mit der Kollegin Marina Schuster (FDP) und den Kollegen Frank Heinrich (CDU) und Christoph Strässer (SPD) – gelungen, auch in der Sommerpause ein starkes Signal an die russische Botschaft zu senden. Insgesamt 121 Abgeordnete aus allen Fraktionen, von CDU bis Linke, haben die interfraktionelle Initiative unterstützt. Das zeigt, wie groß der Unmut über den Prozess gegen Pussy Riot auch im Bundestag ist. Der Bundestag zeigt damit, dass er das unverhältnismäßige Vorgehen der russischen Justiz gegen die Kunstaktionen von Pussy Riot als politisch motivierten Einschüchterungsversuch versteht.

Brief Deutscher Bundestagsabgeordneter an russischen Botschafter (pdf)

German MP’s letter to the Russian ambassador – English version (pdf)

Немецкий депутат в письме послу России – на английском языке (PDF)

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FAQ Elterliche Mitverantwortung

Mit unserem Positionspapier MITVERANTWORTUNG SOZIALER ELTERN STÄRKEN legen wir als Fraktion erstmals ein Konzept vor, das de facto die Möglichkeit einer Mehrelternschaft eröffnet und anerkennt. Die Familienformen werden vielfältiger. Patchwork- und Regenbogenfamilien sind gelebte Realität in Deutschland. Das Familienrecht aber trägt dem in keiner Form Rechnung. Wir wollen mit unserem Vorschlag die Debatte eröffnen, wie das Zusammenleben in diesen Familienkonstellationen am besten im Sinne der Kinder zu gewährleisten ist. Unser Vorschlag schafft Rechtssicherheit für Eltern und Kinder. Das wirft aber auch Fragen auf, die ich hier beantworten möchte:

Warum wollt ihr ein neues Institut für Patchworkfamilien einführen? Weiterlesen

Wirrnis ist noch keine Gefahr für die Demokratie!

390.000 Euro lässt es sich das Bundesamt für Verfassungsschutz jährlich kosten (590.000 € kostet NPD-Überwachung), um mit sieben MitarbeiterInnen die Reden, Flugblätter und Websiten von Abgeordneten der Linkspartei auf deren Verfassungsfeindlichkeit zu prüfen. Eigentlich ist das ein Fall für den Bund der Steuerzahler – und ein noch besserer Grund sich aufzuregen.  Da sitzen sieben Beamte, die beispielsweise einen Google-Alert auf „Petra Pau“ eingerichtet haben, der Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags, die wohl staatstragender daher kommt als beispielsweise ein Hans-Peter Uhl, dessen politische Agenda nur aus der Einschränkung von BürgerInnenrechten besteht. Diese sieben MitarbeiterInnen aktualisieren dann jedes Jahr im Mai die Mitgliederzahlen in ihrem, im vergangenen Jahr 14 Seiten umfassenden Bericht über die Linkspartei, und übernehmen dann Copy+Paste den Berichtstext vom Vorjahr.

Zugegeben: Einige bei der Linkspartei sind wirr, aber Wirrnis ist noch keine Gefahr für die Demokratie. Bei jedem abgefahrenen Außenspiegel heben wir extra die Immunität auf, bevor der Staatsanwalt gegen ein MdB überhaupt ermitteln darf. Dabei ist die Überwachung durch den Geheimdienst eine viel größere Gefahr für das freie Mandat. Wir brauchen ein Verfahren, dass Abgeordnete vor nicht gerechtfertigten Übergriffen des Verfassungsschutzes schützt. Als genehmigendes Gremium kommen das Parlamentspräsidium oder die Obleute des Immunitätsausschusses infrage. Bereits 2006 hatten wir dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht (Drucksache 16/2260), der an der Mehrheit von Union und SPD scheiterte. Der Überwachungswahn nimmt seit Jahren zu, das belegen auch die Kleinen Anfragen der Grünen Bundestagsfraktion.

Antwort Drucksache 16/14159:

9. Wahlperiode
Keine Hinweise auf Aktenfundstellen im NADIS.

10. Wahlperiode
Keine Hinweise auf Aktenfundstellen im NADIS.

11. Wahlperiode
Im NADIS sind Hinweise auf Aktenfundstellen zu drei Abgeordneten der PDS und einem Abgeordneten der CDU vorhanden.

12. Wahlperiode
Im NADIS sind Hinweise auf Aktenfundstellen zu fünf Abgeordneten der PDS, drei Abgeordneten der CDU und vier Abgeordneten der SPD vorhanden; davon wurden vier Abgeordnete bereits in der vorherigen Wahlperiode aufgeführt.

13. Wahlperiode
Im NADIS sind Hinweise zu sieben Abgeordneten der PDS, drei Abgeordneten der CDU und zwei Abgeordneten der SPD vorhanden; davon wurden sieben bereits in vorherigen Wahlperioden mit aufgeführt.

14. Wahlperiode
Im NADIS sind Hinweise zu zwölf Abgeordneten der PDS und zwei Abgeordneten der SPD vorhanden; davon wurden acht bereits in vorherigen Wahlperioden mit aufgeführt.

 15. Wahlperiode
Im NADIS sind Hinweise zu zwei Abgeordneten der PDS vorhanden; davon wurde eine in vorherigen Wahlperioden mit aufgeführt.
[Hinweis: Damals waren nur Petra Pau und Gesine Lötzsch Mitglieder des Deutschen Bundestags]

16. Wahlperiode
Im NADIS sind Hinweise zu 27 Abgeordneten der Partei DIE LINKE., zu- vor Die Linkspartei.PDS, vorhanden; davon wurden elf bereits in vorherigen Wahlperioden mit aufgeführt.

Hinzu kommt die Überwachung durch die Landesämter für Verfassungsschutz. In der Antwort auf die Grüne Kleine Anfrage mit der Drucksache 17/372 antwortete uns die Bundesregierung, dass mindestens 21 Bundestagsabgeordnete durch die Landesämter für Verfassungsschutz beobachtet werden:

Baden-Württemberg 1 Speicherung
Berlin 1 Speicherung
Brandenburg keine Speicherung
Bremen keine Speicherung
Hamburg keine Speicherung
Hessen 2 Speicherungen, aber Beobachtung mit Aufnahme des Mandats eingestellt
Mecklenburg-Vorpommern keine Speicherung
Niedersachsen 12 Speicherungen
Nordrhein-Westfalen 3 Speicherungen
Saarland keine Speicherung
Sachsen keine Speicherung
Sachsen-Anhalt keine Speicherung
Schleswig-Holstein keine Speicherung
Thüringen keine Speicherung

 Die übrigen Länder [Bayern & RLP]  haben keine Zustimmung erteilt.

In meinem Büro überarbeiten wir deshalb unseren Antrag aus der 16. Wahlperiode und werden diesen wieder in den Bundestag einbringen. So lange, bis dieser Unfug endet.

Schutzfristen radikal kürzen

Das Urheberrecht reflektiert die Neuerungen der Digitalisierung und des Internets nicht. Eine Urheberrechtsreform muss deshalb nicht nur den Konflikt zwischen UrheberInnen, VerwerterInnen und NutzerInnen auflösen, sondern auch die UrherberInnen gegenüber den VerwerterInnen stärken. Eine Urheberrechtsreform ist deshalb mehr als nur Netzpolitik. Jüngst wurde ich bei Heise und andernorts wegen meines Streichungsantrags D-02-526 bei dem Antrag „Offenheit, Freiheit, Teilhabe – die Chancen des Internets nutzen – den digitalen Wandel grün gestalten!“ kritisiert, der auf der kommenden Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Kiel verabschiedet werden wird.

Konkret möchte ich folgende Zwei Sätze im Kapitel Remix-Kultur und transformatorische Nutzung in den Zeilen 526-529 streichen:

Um eine Kultur der transformatorischen Nutzung zu ermöglichen, ist es Ziel unserer Politik, soviel Wissen und kulturelle Güter wie möglich zur freien Nutzung bereitzustellen. Deswegen wollen wir, dass Verwertungsgesellschaften Creative Commons Lizenzen zulassen, damit die Künstler freier wählen können, welche Verwertungswege sie einschlagen wollen. Eine deutliche Verkürzung bzw. Flexibilisierung der Schutzfristen z.B. auf fünf Jahre muss mit der Möglichkeit der Neuverhandlung einhergehen. Das bedeutet: Eine fünfjährige Schutzfrist ab Veröffentlichung mit anschließender, gebührenpflichtiger mehrmaliger Verlängerungsoption. Wir wollen eine Schrankenausweitung für Blinde, so dass sie leichter in den Genuss von Büchern kommen können.

Leider hat weder Peter Mühlbauer, noch sonst einE KritikerIn zu dem Streichungsantrag bei mir nach meiner Motivation gefragt. Ich will hier aber nicht über die Qualität von Meinungsartikeln und Blogs streiten.

Warum streichen?
Ich bin Verfechter einer radikalen Verkürzung der Schutzfristen. Gemeinsam mit Malte Spitz, Konstantin von Notz und vielen anderen haben wir bereits in unserem gemeinsamen Diskussionspapier „Grüne Urheberrechtspolitik im 21. Jahrhundert“ die „Entmonopolisierung und beschleunigte Teilhabe durch Verkürzung von Schutzfristen“ gefordert. Schutzfristen im Urheberrecht können bedeuten, dass das Recht zu kommerziellen Verwertung und damit u.U. auch die Veröffentlichung sowie auch die nichtkommerzielle Nutzung der Werke für eine bestimmte Zeit ausschließlich beim Erstveröffentlicher bleiben. Wegen überzogen langen Schutzfristen (70 Jahre nach dem Tode des/der UrheberIn) und einer fehlenden verpflichtenden Registrierung der Rechteinhaber können mehr und mehr „verwaiste Werke“ entstehen (d.h.  es ist unklar, ob und welche Schutzrechte bestehen und wo eine Genehmigung zur Verwendung eingeholt werden kann). Diese Schutzfristen behindern wissenschaftlichen, künstlerischen und kulturellen Fortschritt und sind ein Prellbock für die Kreativität in ganz vielen Bereichen. Die bloße Verkürzung auf die hier vorgeschlagenen fünf Jahre löst deshalb das Problem nicht, dass „verwaiste Werke“ entstehen, da die dafür notwendige Registrierungsstelle in dem Antrag fehlt. Zudem halte ich eine Verkürzung der Schutzfrist auf fünf Jahre zu Lebzeiten des Künstlers oder der Künstlerin für realitätsfremd.Dass beispielsweise mein Kollege Hans-Christian Ströbele jedes Mal daran verdient, wenn im Radio oder Fernsehen der legendäre „Tooor, Tooor, Tooor. Tor für Deutschland!“-Schrei der WM 1954 wiederholt wird, verstehe ich nicht – auch wenn ich es ihm persönlich gönne (er spendet ja die Einnahmen).

Deshalb möchte ich nochmals auf die Begründung unseres Streichungsantrags verweisen, der von seinen AntragstellerInnen unter Umständen aus unterschiedlicher Motivation heraus gestellt wurde:

Angesichts des derzeit noch rechtlich ungelösten Umgangs mit sogenannten „verwaisten Werken“ im Zuge des Digitalisierungsverfahrens (z.B. der Deutschen Digitalen Bibliothek und Europeana) sind Reformen des Urheberrechtes dringend erforderlich. Allerdings gibt es bezüglich der politischen Ausgestaltung einer Flexibilisierung von Schutzfristen unterschiedliche Auffassungen. Diese müssen im Hinblick auf die komplexe Thematik in einer dafür eingerichteten Arbeitsgruppe diskutiert und abschließend geklärt werden.

Das Urheberrecht ist ein juristisch komplexes Gebilde, dessen Änderungen zudem gegen eine starke Lobby erkämpft werden müssen, um ein für UrheberInnen und NutzerInnen zugleich faire Lösungen zu finden. In diesem Konflikt zwischen UrheberInnen, VerwerterInnen und NutzerInnen treten wir Grünen seit langem für die gesetzliche Einführung einer Kulturflatrate. Nun stehen wir bei den Schutzfristen erneut vor einem juristischen Giganten, dem man durch Schnellschüsse nicht Herr werden kann. Ich möchte deshalb gerne in meiner Partei die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl dafür nutzen, in einer Arbeitsgruppe nach geeigneten Möglichkeiten der Reformierung zu suchen. Ich verstehe und teile die Argumente für eine radikale Verkürzung der Schutzfristen, sehe aber auch die Sorgen und Nöte der UrheberInnen.

Gegen die Kritik an unseren Reformvorstellungen habe ich mich in einem Schreiben gemeinsam mit Konstantin v. Notz, Claudia Roth und Jerzy Montag hier gewandt.

Meckern statt Machen ist keine Netzpolitik, sondern unpolitisch!
Statt nur davon zu reden
, die Urheberrechtsfragen auf die Agenda der Parlamente heben zu wollen, sind wir Grüne seit Jahren damit beschäftigt. Es ist mir zu absolutistisch, hier nur an eine einzig richtige Wahrheit zu glauben, wenn noch gar nicht alle Optionen auf dem Tisch liegen.

Zuletzt möchte ich auf das Bundestagswahlprogramm der Grünen aus dem Jahr 2009 aufmerksam machen:

Wie schon im Patentrecht treten wir ein für grundlegende Reformen der bestehenden Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland und der EU sowie der übergeordneten Institutionen und Verträge. Wir drängen in eine Richtung, die zuvorderst BürgerInnen, KünstlerInnen, ForscherInnen, Schulen und Universitäten nützt und nicht der Medien- und Geräteindustrie oder Verlagsgiganten. Die Notwendigkeit einer Vergütung für die Schaffung geistiger Werke erkennen wir an. Pauschale Vergütungsmodelle stellen daher die Zukunft für einen fairen Interessenausgleich im digitalen Raum dar. Kernstück sind dabei die freie digitale Privatkopie und eine faire Lösung beim Urheberrecht im Internet. Diese Lösung muss in erster Linie Künstlerinnen und Künstler angemessen vergüten sowie Nutzerinnen und Nutzer nicht pauschal kriminalisieren, wenn sie Angebote downloaden. Die Einführung einer Kulturflatrate, die die nicht-kommerzielle Nutzung von digitalen Kulturgütern ermöglicht, kann ein richtiger Weg dahin sein.

 

Tweet, tweet, tweet, wir haben uns alle lieb.

Auf dem Weg nach Duschanbe auf meiner Delegationsreise nach Tadschikistan konnte ich während des Flugs über die netzpolitische Schwimelei der Union nachdenken (etwas verspätet jetzt im Netz, da hier Nertzanschluss noch keine Selbstverständlichkeit ist, im Gegenteil!). In den Sozialen Netzwerken machen diese dorobaeraltmaiers einen auf gute Laune und digitale Avantgarde. Politisch machen sie für die Freiheit im Netz keinen Finger krum. Man werfe nur einen Blick in die „Internet-Equete“. Hier blogge ich meine Sorgen um die Augenwischerei der Konservativen auf dem Weg in eine große Koaltion. Und wenn alles schief läuft, sind die Piraten objektiv betrachtet (Nolens volens) dabei ihre Steigbügelhalter. Weiterlesen

Pipio ergo sum.

[Der Beitrag ist modifiziert am 31.10.2011 unter dem Titel „Netzanschluss ist Menschenrecht“ im Feuilleton der FAZ erschienen]

Mit dem Internetzeitalter wächst Paul Valérys Satz „man muß sich darauf gefaßt machen, daß so große Neuerungen die gesamte Technik der Künste verändern, dadurch die Invention selbst beeinflussen und schließlich vielleicht dazu gelangen werden, den Begriff der Kunst selbst auf die zauberhafteste Art zu verändern“ erst zu seiner Größe heran. Walter Benjamin stellt dieses Zitat seinem wegweisenden Werk „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ voran. Benjamins These ist, die Kunst und ihre Rezeption seien besonders durch die Entwicklung von Photographie und Film, also der Möglichkeit der massenhaften Reproduktion und der veränderten Abbildung der Wirklichkeit und damit einer veränderten kollektiven Wahrnehmung, selbst einem Wandel unterworfen. Die Neuerungen haben heute nicht nur die gesamte Technik der Künste verändert, sondern die Welt in ihrer Gänze. Diktaturen stürzen in sich zusammen, weil die Menschen dank Google, Facebook und Twitter plötzlich von Werten wie Demokratie und Menschenrechten erfahren und sich im Netz organisieren. Nahezu unbegrenzt ist der Zugang zu nützlichen oder vielen irrelevanten Informationen. Suchmaschinenfirmen, die uns helfen dieser Informationsflut Herr zu werden, entwickeln sich zu den politisch und wirtschaftlich mächtigsten Unternehmen der Welt. Der Zugang zu Kunst und Kultur entkoppelt sich zunehmend vom Einkommen, auch wenn dies zum Teil sehr zum Leidwesen der Kulturschaffenden geschieht. Weiterlesen

Post-it War im Bundestag

PostitWar Bundestag Berlin
La guerre des Post-it oder auch Post-it War ist gerade der letzte Schrei in Frankreich. Das Prinzip ist einfach. Es ist ein Wettkampf um das ausgefallenste, kreativste und aufwändigste Post-it-Motiv auf dem Bürofenster. Also das Richtige für eine Kreativpause während der Arbeit.

Mit meinem Büro-Team haben wir deshalb dem Deutschen Bundestag den Post-it War erklärt. Als Friedenspartei fand diese „Kriegserklärung“ in Form eines Herzens statt und weil wir uns schon auf den Papstbesuch freuen, lächelt nun ein Smiley-Teufelchen das Reichstagsgebäude an.

Wer will es mit uns aufnehmen? Anregungen finden sich auf postitwar.com

Und so funktioniert es:

Zu Tode gehasst – im Namen der Kunst?

Kunst ist eine Tochter der Freiheit –  sagte Friedrich Schiller. Die Kunst darf provozieren und muss Freiheiten haben, die über die Grenzen des guten Geschmacks und der akzeptierten Formen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung hinaus gehen. Was im Alltag obszön oder beleidigend ist, kann auf der Bühne zum Nachdenken anregen. Was aber, wenn sich der Hass der Kunst bemächtigt und in ihrem Namen zu Gewalt gegen Minderheiten aufruft?

Am kommenden Wochenende wird in Bayern ein solcher Hasssänger auftreten. „Sizzla“ ist Großmeister des Reggae-Dancehall und mit weit über 40 Alben einer der bekanntesten und auch materiell erfolgreichsten Sänger Jamaikas. Die wenigsten seiner Fans wissen jedoch von seiner dunklen Seite – zumindest in Deutschland, wo die wenigsten Patois wirklich verstehen. Denn Sizzla ruft in mehreren seiner Songs zu Gewalt und Mord gegen Schwule und Lesben auf: Weiterlesen

Schnodderschnauze Wiefelspütz für weitgehende Ausdehnung der Internetsperren

Schnodderschnauze Wiefelspütz hat es ausgeplaudert: Die große Koalition ist sich einig über Internetsperren zu vielfältigen Zwecken. Der Zweck, den Zugang zu Kinderpornographie im Internet zu erschweren, ist nur der Anfang und Vorwand, um den Widerstand gegen die Einführung der Sperrtechnologie zu brechen.

Die Musikindustrie fordert schon lange die Internet-Sperre zum Schutz gegen Tauschbörsen. Und aus dem Bundeskabinett gibt es vielfältige Begehrlichkeiten von Schavan bis Zypries: Der Wunschzettel für Sperren reicht von Verboten von Gewaltspielen und -videos bis zum Schutz des Urheberrechtes.

Bild: flickr.com (kirk lau / creative commons)

Bild: flickr.com (kirk lau / creative commons)

Die Kritiker von Frau von der Leyen haben es schon immer gesagt. Die innenpolitische Plaudertasche der SPD, Dieter Wiefelspütz, hat sich nun verplappert und gesagt, wo die Reise hingeht. Er kann sich vorstellen, auch Seiten mit verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten zu blocken, sagte der SPD-Kollege. Wohlgemerkt, er will nicht gegen die Inhalte und Betreiber vorgehen. Er will uns aber den Zugang zu Informationen über die Feinde der Demokratie sperren. Deutsche sollen sich nicht mehr über die Umtriebe von Hamas oder Hisbollah aus erster Hand informieren können.

Das sieht die Union nicht prinzipiell anders. Aber Wolfgang Bosbach ist geschickter und verquasselt sich nicht. Er hält „es für richtig, sich erstmal nur mit dem Thema Kinderpornografie zu befassen, damit die öffentliche Debatte nicht in eine Schieflage gerät”. Selbstentlarvend genug: erstmal! Er weiß: Beim Thema Kinderpornographie will jeder frei von dem Verdacht sein, er könnte ihrer wirksamen Bekämpfung irgendwie im Wege stehen; deshalb lässt sich unter diesem Vorwand die Sperrtechnologie am leichtesten aufbauen. Ist sie einmal da, muss man nur noch ihren Anwendungsbereich erweitern.

Wir Grünen wollen eine freie Internetkultur. Diese wird aber immer öfter bedroht. Den Vorschlägen zur Einführung von Internetsperrlisten und den Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur erteilen wir eine klare Absage, da sie rechtsstaatlich und technisch unverantwortlich sind.

Es ist wahr: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Deshalb muss die Verfolgung von Straftaten im Internet intensiviert werden. Dazu bedarf es vor allem einer besseren technischen Ausstattung der Behörden und einer personellen Aufstockung von Fachkräften. Wir wollen Ermittler, für die das Internet kein Fremdwort ist, sondern die schnell und wirksam Taten verfolgen. Bei Straftaten wie der Verbreitung von Kinderpornografie oder nationalsozialistischer Propaganda im Netz streiten wir für eine schärfere Verfolgung der Täter – vor allem durch eine bessere internationale Kooperation zwischen den Staaten beispielsweise durch vergleichbare Rechtsvorschriften oder gleiche Standards. Inhalte wie Kinderpornografie müssen aus dem Netz gelöscht werden, sobald sie bekannt sind, den Zugang zu ihnen zu erschweren nützt nichts.

Grün wählen!

In Brüssel und Berlin werden in den nächsten Jahren wichtige Weichen für die weitere Entwicklung des Netzes gelegt. Union und SPD hat mit Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung und nun den Internetsperren die Freiheit des Netzes und seiner User immer wieder angegriffen.

Wer die Freiheit im Netz verteidigen will, muss diese beiden Parteien abwählen. Aber auch in der Opposition ist nicht alles Gold, was glänzt. Die FDP, die im Bund in der Opposition ähnliche Positionen wie die Grünen vertritt, hat mit ihrem NRW-Innenminister Wolf und seinem verfassungswidrigen Gesetz das Copyright für die Online-Durchsuchung inne. Und der PDL wurde der Kampf für Freiheitsrechte auch nicht gerade an der Wiege gesungen. Das zeigte sich auch wieder, als ihr Bundestagsabgeordneter Lutz Heilmann wegen einem unliebsamen Artikel kurzerhand die deutsche Domain von wikipedia sperren ließ.

Wer die Freiheit des Internet verteidigen will, hat eigentlich am 7.6. und am 27.9. nur eine Wahl: Grün!